Supervulkanquatsch

06 / 2017 / Italien / Pozzuoli, Pompeji, Procida

Supervulkanquatsch

Das kleine Hafenstädten Pozzuoli liegt nordwestlich von Neapel und wurde 531 Jahre vor (!) Christus von den Westgriechen gegründet. Damit ist der gemeine Süditaliener abstammungstechnisch in Wahrheit tatsächlich ein Westgrieche, das hört er aber gar nicht gern. Insbesondere in den letzten 2 Jahren findet er jeden Hinweis auf solche Fakten geradezu unappetitlich. Dass hier unter den sogenannten Phlegräischen Feldern der größte Vulkan Europas schlummert, hört er aber auch nicht gern. Seit 2006 ist bekannt, dass der Vesuv und die Phlegräischen Felder eine riesige gemeinsame Magmakammer besitzen.

smell of sulphur

Während der Vesuv mit imposanter Höhe von über 1200 Metern ganz offensichtlich seit 1944 tief schläft, ist der Ort Pozzuoli genau auf einer riesigen eingesunkenen Caldera gebaut. Die ist zwar wesentlich größer als der Vesuv, jedoch ohne Luftaufnahme nicht sichtbar und pennt auch nicht so tief. Je nach Füllung der Magnakammer hebt und senkt sich der Boden in Pozzuoli schon seit vielen hundert Jahren immer mal wieder um mehrere Meter, das nennt man dann „Bradysismus“.

Zuletzt hat sich der Erdboden zwischen 1982 und 1984 um 180 cm gehoben. Damals wurden 30.000 Menschen vorübergehend evakuiert und es wurde über Jahre viel repariert und renoviert, dann ging das Leben in Pozzuoli wieder weiter. Dem kleinen Italiener geht das Supervulkangequatsche mittlerweile ganz fürchterlich auf den Sack und komische Fotos von der ISS verblassen logischerweise neben den letzten Erfolgen des Fußballvereines SSC Neapel.

Ansonsten ist es Zeit für einige Korrekturen. Nie werde ich Autofahren wie ein Süditaliener! Selbst ein hundert Jahre alter Oppa mit Fluppe im Mundwinkel navigiert einen Fiat Punto schamlos und ohne anzuhalten durch durch eine Altstadt-Ecke, vor der ich kapituliert habe. Und nahe Neapel wird selbst kurzes Zögern mit einem äusserst kommunikativen Hupkonzert wie in Germania bemosert. Der gemeine Neapolitaner an sich kommuniziert mit der Hupe anders als seine entspannteren Kollegen in Kalabrien. Auch was die Skala „pittoreskes Stadtbild“ angeht, landet Pozzuoli eher mal auf den mittleren Plätzen.

Dafür haben wir eine prima Basis für schöne Ausflüge und in Pozzuoli sind genauso wenig Touristen wie z.B. in Delmenhorst. Das lokale römische Amphitheater ist das drittgrößte der Welt (nach denen in Rom und Capua) und hat vor allem eine riesige Anlage von Katakomben, die nicht zuletzt durch Vulkanasche prima konserviert wurden. Außer uns waren ganze 2 weitere Besucher dort.

ancient underground

Apropos Vulkanasche: der SSC Neapel hat im letzten Monat erst Cagliari, dann den FC Turin und folgend AC Mailand und zuletzt Sampdoria jeweils überlegen vom Platz gefegt. Wen interessiert es denn dann noch, dass beim letzten großen Vulkanausbruch 1532 selbst im nördlichen Ägypten noch mehrere Zentimeter Vulkanasche hernieder gingen und die Durchschnittstemperatur in Europa für mindestens 2 Jahre um durchschnittlich 8 Grad fiel, alles blödes Supervulkangequatsche!

kabooooom

Auch Pompeji darf man nicht überbewerten. Zumindest die Ruinen überleben den nächsten Vulkanausbruch ganz locker. Wer in der Rushhour durch Neapel gefahren ist, fragt dann zu recht, wie den bitte ein Evakuierungsplan aussehen sollte. „Beam me up, Scotty“ mutiert da plötzlich zu existenziell realem Wunschdenken.

plaster cast of a cavity

Wenn wir nicht in einem fahrbaren Rasenmäher namens Fiat Punto unterwegs wären, würden insbesondere Vespas auch unter dem Auto hindurch überholen. Das jedoch bekommen selbst die eher zierlich gebauten jungen Italienerinnen nicht hin. Insgeheim vermute ich allerdings, dass sich die moderne italienische Vespa-Pilotin für jeden getöteten Autofahrer eine neues Tattoo stechen lässt. Damit ist dann auch geklärt, warum die junge, moderne Italienerin von heute mehr Tattoos hat, als altgediente britische Matrosen. OK, Reisen bildet und stählt die Nerven 🙂

Zu guter letzt setzen wir noch nach Procida über. Das ist sozusagen die kleine Schwester von Ischia. Auf der nach oben offenen Skala für pittoreske Fischerorte ist diese kleine Insel ganz weit vorne.

layer cake

almost midsummer

area pedonale

Selbstmurmelnd sind auch Procida und Ischia geologisch gesehen vulkanischen Ursprungs, aber dann sind wir schon wieder beim Supervulkanquatsch. Schluss damit, Urlaub is morgen eh‘ zuende, somit auch Ende Vulkanquatsch, Schreibquatsch und Bilderquatsch.

Liebe Grüße aus bella Italia, Pat