03 / 2017 / Italien / Pizzo
Jede Sprache hat so seine putzigen Eigenheiten. Mit einem aus meiner Sicht wunderbaren sprachlichen Kleinod wünscht man sich in Italien Glück. Wenn also ein Italiener einem anderen viel Glück wünschen möchte, so sagt er „Im Rachen des Wolfes = In bocca al Lupo.“ Der, dem das Glück gewünscht wird, antwortet zwingend mit „Soll er krepieren! = Crepi!“. Alles klar?!?
Hier glaubt man, dass es ganz großes Unglück bringt, wenn man jemandem Glück wünscht, ergo der sprachliche Umweg. Ganz böse ist es, auf „In bocca al Lupo“ mit „Grazie“ zu antworten. Dann hat man es so richtig versemmelt und alle Beteiligten erfahren mächtig Unglück!
Klingt für das normalgermanische Ohr zunächst dezent bescheuert, so wie vermutlich die Italiener die deutsche Redewendung „Hals + Beinbruch“ für dämlich halten. Nach Autofahrten, insbesondere denen durch italienische Miniatur-Innenstädte, macht die Redewendung jedoch plötzlich Sinn. Der gemeine italienische Autofahrer gleicht nämlich eigentlich einem gefährlichen Raubtier (z.B. Lupo), das jedoch kurz vorher ausgiebig gespeist hat. Die Benutzung der Hupe hat in Italien dagegen eher einen kommunikativen Charakter. Das Gros der Huptöne geht für Begrüßung von Bekannten drauf. Straße nich einsehbar? Wieder Hupen und ganz kräftig Gas geben. Herzschmerz? Hupen und je nach Gusto Gas geben oder mal einfach auf der Straße anhalten. Das ist entschieden anders, als beim deutschen Autofahrer, für den die Hupe eher ein Beschwerdeformular mit 5 Durchschlägen darstellt. Zugleich ist der Italiener hinter dem Steuer aber wiederum auch ungewöhnlich geduldig und tolerant. Hier parkt man gnadenlos an Stellen, an denen die Nordeuropäer nicht mal ihre Schwiegermutter aussteigen lassen, toleriert dies aber auch locker und ohne Gemoser bei anderen. Schwäche Zeigen, das geht im italienischen Straßenverkehr dagegen gar nicht. Wer Vorfahrt hat und trotzdem nur leicht zögert, hat sofort verloren. Keine Vorfahrt haben und nicht losfahren, geht aber auch nicht. In so einem Falle wird man von links abbiegenden Fahrzeugen rechts (!) an der Kreuzung überholt, die einem dann klar demonstrieren, wie man sich ohne Vorfahrt einfach & galant in die Hauptverkehrsstrasse einfädelt. Das natürlich alles ohne Hupe u d ohne Vorfahrt… Ok, wir lernen!!
Vorgestern hab ich eine Innenstadtstrasse in Pizzo einfach versperrt, Kofferraum auf, blonde Frau am Auto postiert, Koffer 300 m (!) zum Hotel, dort kurz palavert, zurück, es staute sich der Verkehr zurück in 3 Seitenstraßen, Kofferraum zu, blonde Frau wieder eingeladen und weiter gefahren. Da hat sich tatsächlich keiner beschwert. Weder bei der blonden Frau, noch bei mir. Einer hat kurz gehupt und die blonde Frau sehr nett aufgefordert dort wech zu fahren. Die hat jedoch in Wort und Gestik offenbar schlüssig erläutert, warum das getz eine ganz blöde Idee sei und die Italiener haben dann brav weiter gewartet. Warum wir uns das getraut haben? Pizzo hat auch wieder so eine sehr vertikal angeordnete Stadtarchitektur und der Punto steht jetzt ganz unten am Hafen.
Ansonsten ist Pizzo ein bisschen geizig mit pittoreskem Flair. Wir hatten nach unserer Recherche eher ein Fischerdorf erwartet denn eine ausgewachsene Stadt. Dafür haben wir vom Dach unseres Hotels den schönsten Ausblick über die Küste.
Ansonsten darf man sich einige Dinge nicht zu genau oder zu sehr aus der Nähe ansehen. Der Müll wird hier nur an den allernötigsten Stellen vom Strand entfernt. Das stört den gemeinen Italiener offenbar nur marginal, denn der legt sich gnadenlos auch zwischen den Müll an den Strand. Hatte ich zuvor über die kostenpflichtigen Strände in wohlhabenderen Landesteilen im Norden Italiens gemosert….?
Ansonsten haben wir noch eine nette Episode mit dem weltberühmten Tartufo-Eis erlebt. Rund um den Piazza della Republica in Pizzo reiht sich eine riesengroße Eisliele/Bar an die nächste.
Alle Reiseführer machen ein riesiges Geschiss um die lokale Eisspezialität. Die Kellner buhlen um die Gunst der Touristen und sprechen diese wie Marktschreier an. Irgendwann nehmen auch wir dort Platz und ich bestelle mir so ein Tartufo-Eis. Der Kellner erläutert, dass der Meister jetzt gerade Tartufo Eis zubereite und ich ihm gerne zuschauen dürfe. Na gut, Fotoapparat im Anschlag und los. Da steht der Eiskrem-Meister also mit der Miene eines Weihbischofs und pappt sich 2 Eiskugeln in den linken Handschuh, danach pult er mit dem rechten Zeigefinger ein Loch in die Geschichte, füllt unfrierbare Schokoladensosse von BASF da rein, macht das Loch wieder zu und reicht das Ding dann mit salbungsvoller Gestik seiner Assistentin. Ganz großes Kino mit unfreiwilliger Komik! Um sicherzustellen, das das Ganze genügend Kalorien enthält, rollt der Maestro das schokosossengefüllte Tartufo-Doppelbällchen übrigens vor dem Servieren noch in Zucker…
Liebe Grüße aus Bella Italia,
Pat