Kranichbeobachtung auf dem Darss, warum Fischotter klüger als Touristen sind und Vorsicht vor miesem Karma

„Der gemeine Fischotter, wenn er denn einen besonders fetten Fisch gefangen hat, zieht sich an das Ufer zurück, um seine Mahlzeit in Ruhe zu verspeisen“
Erstens:
ich liebe solche Sätze!
und zweitens:
sehr schlau, diese Fischotter!

Auf den Darss zu reisen, um Kraniche zu sehen wenn die Wettervorhersage auf Sturmtief geschaltet hat, ist dagegen eher nicht so schlau!

raw power

So sind wir morgens schon los, da es im Gegensatz zu den nächsten Tagen am Tag der deutschen Einheit kaum regnen sollte.

Am Günzer See (landrattenseitig knapp östlich vom Darss) ist eine zweigeschossige Bretterbude errichtet worden, das Kranorama. Das Kranorama kann man sich wie eine Wildlife-Peep-Show vorstellen, die die sensiblen Kraniche vor hektisch herumhampelnden Fotografen, dem Bildungsbürgertum allgemein und Gaffern im besonderen schützt. Insbesondere das Bildungsbürgertum kleidet sich gerne im Försterbedarfsladen ein und unterscheidet sich somit optisch mit förstergrüner Kleidung zumindest wohltuend von den Golfern. Bis vor kurzem hatte die Lufthansa wegen ihres Wappentieres noch den Kranichschutz unterstützt. In dem augenblicklich eher kannibalistisch geprägten Geschäftsfeld der Fluglinien erschien das offenbar als albern. Noch aber springen einige nette weibliche Ranger im Kranorama herum und verleihen Ferngläser. Das besondere an diesem Ort ist die sogenannte Ausgleichsfütterung auf der Wiese gegenüber. Wenn die Bauern nich so nett sind, ihre Maisfelder absichtlich nicht komplett abzuernten, bleibt für die Menge an Kranichen nicht genügend übrig. Ergo ist Geiz etwas geradezu dialektisches: der Geiz der Bauern ist der Freund der Fotografen (Ausgleichsfütterung vor dem Kranorama), der Geiz der Lufthansa ist der Feind der Fotografen (Sponsoring wech, Ausgleichsfütterung und Ranger ade?).

Auf jeden Fall haben wir die Kraniche dort gut beobachten und fotografieren können. Besonders die Beinchenstellung der sonst majestätischen Vögel bei der Landung ist unfreiwillig komisch.

feeding cranes

Nach dem Einchecken im Hotel sind wir stramm zum Hafen marschiert und haben eine „Kranichtour“ auf einem albernen Fake-Raddampfer unternommen. Pünktlich zum Sonnenuntergang gab es Sturmböen und einen fetten Regenschauer, wodurch die Mehrheit der Kraniche im Anflug auf ihre Schlafplätze einfach irgendeinen Umweg genommen hat. Eventuell war den Kranichen auch nur genauso scheisskalt wie uns. Oder die Kraniche finden den Möchtegern-Raddampfer kacke und fliegen flugs wo anders lang.

cranes at sunset

bridge over troubled water

Während wir uns in einem schlechten Restaurant und einem guten Hotel wieder aufgewärmt haben, haben die Kraniche dagegen stehend im seichten Wasser geschlafen…

Einige verklärte Naturromantiker schreiben, sie wären in ihrem nächsten Leben gerne ein Kranich?!? Nach meinem Ermessen muss man schon eine Menge Käfer zertreten und Porzellan zerschlagen, um damit bestraft zu werden, im nächsten Leben in seichtem Wasser stehend pennen zu müssen! Bähhh!

Spricht eigentlich für ganz, ganz mieses Karma!

Heute morgen sind wir tatsächlich vor Sonnenaufgang los, um den Start der Kraniche in den Tag zu erleben. Erst tat sich nix (siehe oben ohne Kraniche) und dann verlieren die Kraniche bei dem Sturm jegliche Formation (total undisziplinierter Haufen darunter). Mit uns waren übrigens lauter Försterattrappen beiderlei Geschlechts und Fotografen mit extrem großen Objektiven unterwegs, die sie mit tarnfarbenem Stoff umwickelt hatten. Sehr putzig anzusehen.

Viele Grüße aus Zingst

und alles Gute für das Karma 😉

Pat

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